🌄 Wenn der Berg weint

Ein stiller Gruss nach Blatten

Manchmal sitzt man da und schaut ins Tal und alles ist wie immer. Und dann, von einem Tag auf den andern, ist alles anders. Nicht weil der Wind gedreht hat oder der Regen kam. Sondern weil der Berg losliess.

Blatten. Ein historisches Bergdorf wie gemalt. Ich erinnere mich gut: viele holzige Häuser mit braunen, ziegelroten und moosgrünen Fensterläden, der Brunnen mit dem Trinkbecher an der Kette und immer ein leises Plätschern, selbst wenn’s still war im Tal. Manchmal denke ich auch an Grosi…nennen wir sie Von Allmen…ihre Geranien! Das war kein Blumenschmuck, das war ein Bekenntnis zur Schönheit und zum Leben. Rund ums Haus, auf jeder Etage, als wollte sie sagen: Hier wohnt das Leben.

Jetzt ist alles weg. Begraben unter Geröll, Eis und Gestein. Der Berg hat seine Flanke abgeworfen. Und mit ihm kamen Schrecken, Ohnmacht, und dieser Kloss im Hals, den man nicht wegschlucken kann.

Doch ich will dir etwas sagen: Blatten ist nicht verschwunden. Es lebt in uns weiter. In Erinnerungen, im Klang der Lonza, im Geruch von nassem Holz und frischem Brot, das dort gebacken wurde. Und in der Art, wie die Menschen einander begegnet sind – auf Augenhöhe, mit freundlichem Nicken, das mehr sagte als hundert Worte.

Ich habe heute eine Geranie auf den Fenstersims gestellt. Sie stammt aus einem Steckling von Grosis Sorte. Ich habe sie vor Jahren bekommen, auf einem Fest im Lötschental. Vielleicht war sie ja von ihr? Jetzt blüht sie jedenfalls wieder. Und ein Schmetterling hat sie auch schon besucht. Ich denke an die Blattner, fühle mich mit ihnen verbunden und schicke viel Licht und Liebe.

Blatten, wir vergessen dich nicht! Du bist nicht nur ein Ort du bist ein Teil von uns. Viele kleine Souvenirs zeugen von dir. Und irgendwann, wenn Gras über die Narben wächst, wird man auch wieder jemanden singen und jauchzen hören im Tal.

In stiller Verbundenheit
Onkel Friedrich